11.01.2023 | Faktencheck

Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit bleiben unverändert

Seit Beginn des Jahres ist die Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic für die Zulassung sowie Überwachung der immunisierenden Tierarzneimittel zuständig. Dafür war bisher das Institut für Virologie und Immunologie (IVI) zuständig. Aufgrund der Zuständigkeitsänderung äusserten etliche Nutzer der sozialen Medien Bedenken bezüglich der Lebensmittelsicherheit von tierischen Produkten. Sie befürchten, nun auf tierische Lebensmittel verzichten zu müssen. Wir zeigen, dass diese Bedenken haltlos sind.


Hühner sitzen am 29. November 2018 auf Stangen in einem Forschungsstall für tiergerechte Haltung von Geflügel und Kaninchen vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen und der Universität Bern in Zollikofen. Foto: Keystone-SDA / Peter Schneider.
Hühner sitzen am 29. November 2018 auf Stangen in einem Forschungsstall für tiergerechte Haltung von Geflügel und Kaninchen vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen und der Universität Bern in Zollikofen. Foto: Keystone-SDA / Peter Schneider.
Behauptung

Im Zuge des Wechsels der Aufsichtsbehörde über die immunologischen Tierarzneimittel sind etliche Behauptungen in den sozialen Medien aufgetaucht. Die Zuständigkeitsänderung hätte eine Facebook-Userin am liebsten zu verhindern gewusst. Weiter wird mehrfach behauptet, die Schweizer Behörden würden Nutztieren mRNA-Impfstoffe verabreichen. Ein Facebook-User kommentiert, dass damit versucht werde, möglichst viele Menschen in der Schweiz zu «kontaminieren». Zudem äussern etliche Nutzer von sozialen Medien Bedenken bezüglich der Lebensmittelsicherheit von tierischen Produkten. Sie befürchten, fortan auf tierische Lebensmittel verzichten zu müssen. Wer «ungeimpft bleiben» wolle, müsse künftig auf tierische Produkte verzichten, so eine Behauptung.

Beurteilung

Am Zulassungsverfahren sowie an der Marktüberwachung von Tierarzneimittel ändert sich auch im Jahr 2023 nichts. Das Prozedere wird lediglich von einer anderen Behördenstelle ausgeführt, die über entsprechende Kompetenzen und Infrastruktur verfügt. Aktuell gibt es in der Schweiz weder einen zugelassenen mRNA-Impfstoff für Tiere, noch ist eine derartige Kampagne geplant. Hierzulande werden nur Tierarzneimittel zugelassen und vertrieben, die auch die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit erfüllen und die gesetzlich vorgegebenen Rückstandshöchstwerte von Tierarzneimitteln nicht überschreiten. Um dies zu gewährleisten, werden Arzneimittelrückstände in tierischen Produkten kontrolliert.

Sachlage

Zulassungs- und Marktüberwachungsverfahren bleiben gleich


Methoden zur Qualitätssicherung von immunologischen Tierarzneimitteln haben sich gewandelt. Um Synergien zu nutzen und aufwendige, kostenintensive Aufrüstungen der Infrastruktur des IVI zu vermeiden, wurde die Verantwortlichkeit auf Swissmedic übertragen. Diese verfügt bereits über die notwendigen Kenntnisse und die entsprechende Infrastruktur. 


Obwohl Swissmedic die Verantwortung über die Zulassungsverfahren und Marktüberwachung der immunologischen Tierarzneimittel übernimmt, bleiben die Verfahren gleich, schreibt Alex Josty von Swissmedic auf Anfrage von Keystone-SDA.


Keine Kampagne, keine Zulassungsgesuche 


«In der Schweiz gibt es keine zugelassenen mRNA-Impfstoffe für Tiere und es ist keine Kampagne geplant», schreibt Estelle Hain vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) auf Anfrage von Keystone-SDA. Das BLV ist zuständig für Impfempfehlungen für Tierarzneimittel. 


Auch Swissmedic, welche für die Zulassung und Marktüberwachung von Human- und Tierarzneimittel zuständig ist, bestätigt ebenfalls auf Anfrage, dass aktuell keine mRNA-Impfstoffe für Tiere in der Schweiz zugelassen sind. Ein derartiger Antrag liege, Stand Ende Dezember 2022, bei den Behörden auch nicht vor.


Wie in einem früheren Faktencheck ausgeführt, prüft Swissmedic auf Antrag vom Gesuchstellern Arzneimittelkandidaten. Wann welche Gesuche eingereicht werden, liegt ausschliesslich in der Entscheidung der Arzneimittelhersteller. Swissmedic lässt lediglich wirksame, sichere und qualitativ hochstehend Arzneimittel zu. Es bleibt somit ungewiss, wann und ob überhaupt ein derartiger Impfstoff für Tiere in der Schweiz auf den Markt kommen wird.


Rückstandshöchstwerte von Tierarzneimittel sind reglementiert


Die Europäische Union regelt in der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 zentral die Rückstandshöchstwerte für Arzneimittel, welche in tierischen Lebensmitteln zulässig sind. Die Schweiz übernehme die Werte von der EU in der Verordnung des EDI über die Höchstgehalte für Rückstände von pharmakologisch wirksamen Stoffen und von Futtermittelzusatzstoffen in Lebensmitteln tierischer Herkunft, schreibt der Mediensprecher von Swissmedic.


Das BLV passt die Rückstandshöchstwerte dem Stand der Wissenschaft und Technik sowie dem Recht der wichtigsten Handelspartner laufend an. Die letzten Änderungen bei den Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit sind auf den 14. Februar 2022 datiert. «Dabei handelt es sich hauptsächlich um eine Anpassung der Schweizer Gesetzgebung an die der EU», schreibt Mediensprecherin Hain vom BLV. 


Bei korrekter Anwendung der Tierarzneimittel ist die Wahrscheinlichkeit äusserst gering, dass eine gesundheitsgefährdende Menge über die Konsumation von tierischen Lebensmitteln in den menschlichen Körper gelangt, schreibt Alex Josty. Jeder bei Nutztieren verwendete Wirkstoff muss betreffend Arzneimittelrückständen abgeklärt und auch genehmigt sein. Die Schweizer Gesetzgebung verlangt einen Beleg, dass die Inhaltsstoffe von Arzneimitteln für Nutztiere Konsumentinnen und Konsumenten nicht gefährden und den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit entsprechen. Die Regulation der Tierarzneimittel erläuterte Keystone-SDA bereits in einem früheren Faktencheck


Kontrollsysteme zum Schutz der öffentlichen Gesundheit


Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) beteuert, dass die «bestehenden Regelungen und Kontrollsysteme sicherstellen, dass allfällige Rückstände in tierischen Lebensmitteln in der Schweiz im Hinblick auf die öffentliche Gesundheit keine Gefährdung darstellen», schreibt BLV-Mediensprecherin Estelle Hain auf Anfrage von Keystone-SDA.


Gemäss dem Schweizer Tierschutzgesetz haben kranke Tiere Anspruch auf eine fachgerechte Behandlung. Daher sei ein vollständiger Arzneimittelverzicht in der Tierhaltung nicht möglich, schreibt Mediensprecherin Hain. 


Von der letzten Anwendung des Tierarzneimittels bis zur Nutzung des tierischen Lebensmittels muss die für das Arzneimittel vorgeschriebene Zeitspanne eingehalten werden. Diese stellt sicher, dass die gesetzlich geregelten Höchstkonzentrationen von Tierarzneimittelrückständen in Lebensmitteln nicht überschritten werden. Anschliessend gibt es noch staatliche Kontrollmechanismen, die dies sicherstellen.