03.05.2023 | Faktencheck

Kommunikation zu Zeiten des Krieges

Die Karte Europas wurde im Laufe der Geschichte immer wieder neu gezeichnet, das heutige Gebiet der Ukraine war mal Bestandteil von mindestens 14 verschiedenen Staaten. Unter anderem zählte das ukrainische Territorium mal zum Königreich Polen-Litauen, zum Russische Reich, zu Habsburg sowie zur Sowjetunion. Im Jahr 1991 erlangte die Ukraine die Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Die territoriale Integrität der Ukraine wird schon seit längerem von Seiten Russlands in Frage gestellt. 


Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stimmt am 15. März 2014 während einer Sitzung des Sicherheitsrats im UN-Hauptquartier in New York über eine Resolution ab, mit der das Referendum vom 16. März über die Unabhängigkeit der Krim von der Ukraine für illegal erklärt wurde. Russland legte sein Veto gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrats ein, China enthielt sich der Stimme. Foto: Keystone-SDA / epa / Jason Szenes
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stimmt am 15. März 2014 während einer Sitzung des Sicherheitsrats im UN-Hauptquartier in New York über eine Resolution ab, mit der das Referendum vom 16. März über die Unabhängigkeit der Krim von der Ukraine für illegal erklärt wurde. Russland legte sein Veto gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrats ein, China enthielt sich der Stimme. Foto: Keystone-SDA / epa / Jason Szenes
Behauptung

In einem Sharepic wird behauptet, dass die Ukraine im Jahr 2014 einen Krieg gegen die eigene russischsprachige Bevölkerung begonnen hätte, in dem 14’000 Russen getötet wurden. In der Ukraine sei es dabei auch zu einem Verbot der russischen Sprache gekommen. Stimmt das?

Beurteilung

Im seit 2014 andauernden Konflikt in der Ostukraine starben nach ukrainischen Angaben bis Anfang 2020 insgesamt etwa 14‘000 Menschen, darunter viele Ukrainerinnen und Ukrainer. Die russische Sprache ist in der Ukraine nicht verboten.

Sachlage

«Offiziell gab es 2014 keinen Krieg, sondern es wurde von einem Konflikt in der Ostukraine gesprochen», schreibt Carmen Scheide von er Universität Bern auf Anfrage von Keystone-SDA. Ende 2013 weigerte sich der damalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. Daraufhin kam es zu monatelangen pro-europäischen Demonstrationen. Anfang 2014 spitzten sich die gewaltsamen Auseinandersetzungen zu, Janukowitsch floh aus Kiew und eine Übergangsregierung übernahm die Macht.


Auch auf der ukrainischen Halbinsel Krim kam es im Februar 2014 zu Demonstrationen. Anfang März beschloss das mittlerweile von pro-russischen Kräften kontrollierte Regionalparlament den Anschluss der Krim an Russland und lancierte ein Referendum. Die EU, aber auch die UNO sowie der Bundesrat verurteilten die Annexion als völkerrechtswidrig.


In der Ostukraine initiierte Russland eine über Jahre andauernde Separationsbewegung, welche etliche Todesopfer forderte. Diese Interventionen habe Russland offiziell lange abgestritten, schreibt Scheide weiter. «Die Provokation lag eindeutig auf Seiten Russlands», hält die Professorin des Historischen Institutes der Universität Bern fest.


Im Februar 2020 sagte der ukrainische Aussenminister Wadim Prystaiko in der UN-Generalversammlung, dass seit der rechtswidrigen Annexion der Krim 14’000 Menschen im Konflikt gestorben seien. Davon, dass es sich dabei um Russen gehandelt haben soll, war hingegen nicht die Rede.


Ein UN-Bericht von Mitte 2016 deckt Fehlverhalten beider Konfliktparteien auf. Unter den Toten waren demnach neben Zivilisten sowohl Angehörige der ukrainischen Streitkräfte als auch der separatistischen Truppen.


Russische Sprache in der Ukraine eingeschränkt, aber nicht verboten


Die Ukraine ist ein mehrsprachiges Land und etliche Bürger sprechen Russisch. Der Konflikt im Jahr 2014 führte nicht zu einem Verbot der russischen Sprache, schreibt die Professorin der Universität Bern.


Im Jahr 2019 wurde zwar das «Gesetz zur Sicherung des Gebrauchs des Ukrainischen als Landessprache» unterzeichnet, das die Verwendung des Russischen reduzieren soll. In der privaten Kommunikation sowie für religiöse Zwecke findet das Gesetz jedoch keine Anwendung.


Auch die Muttersprache des amtierenden Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist Russisch. Kurz vor dem Angriff der russischen Truppen wendete er sich im Februar 2022 auf Russisch direkt an die Bevölkerung des Nachbarlandes.