Von Höhepunkt zu Höhepunkt im Sport
Von Höhepunkt zu Höhepunkt im Sport
Während die Welt des Sports durch die Corona-Krise zum Stillstand gekommen ist, zeigt die Nachrichtenagentur, warum wir uns die Sportveranstaltungen so sehnlich zurückwünschen. Keystone-SDA zeigt vergangene Höhepunkte, Momente der Freude, der Überraschung und des Jubels.
Die Keystone-SDA Sportjournalisten, Fachspezialisten ihrer jeweiligen Disziplin, haben dazu Texte verfasst, die erklären, was die sportlichen Höhepunkte so einzigartig macht.
«Ob Nufenen, Flüela, Julier oder wie auf diesem preisgekrönten Bild in der Abfahrt vom San Bernardino – die Route der Tour de Suisse führt alljährlich durch die Alpen und über mehrere Pässe. Und jedes Jahr verfolge ich bei der Landesrundfahrt insbesondere die Bergetappen, um spektakulären Radrennsport und nicht zuletzt auch die tollen Bilder aus der Schweiz zu sehen. Umso bedauerlicher finde ich es, dass die 84. Ausgabe wegen der Corona-Krise nicht in diesem Jahr durchgeführt werden kann.» Valentin Oetterli, Ressortleiter Rad
«Fabian Cancellara zeigte noch einmal allen den Meister, der perfekte Abschluss und die Krönung einer grandiosen Karriere. Der Liegestuhl in der Leaderbox, in der die drei Führenden auf die noch verbleibenden Konkurrenten warteten, hätte als Symbol nicht besser passen können. Als Cancellara in diesem emotionalen Moment erschöpft und voller Glücksgefühle darauf sass und zwischenzeitlich auch lag, wusste jeder: Die Zeit ist gekommen, die Beine als Radprofi hochzulagern - für immer.» Sandro Mühlebach, Chefredaktor Sport (2016 in Rio live dabei)
«Das ‘Family’-Team McMahon (Brigitte, Sohn Dominic und ihr damaliger Ehemann Michael). Unvergesslich die olympische Triathlon-Premiere 2000 in Sydney, das Ziel direkt vor dem imposanten Opernhaus. Auf der Höhe der Ziellinie fiebere ich dem Sprint von Brigitte McMahon und der australischen Topfavoritin Michellie Jones entgegen. Als McMahon davonzieht, verschütte ich vor Aufregung den Wasserbecher neben dem Laptop. McMahon holt Gold, Magali Messmer Bronze. Die Schweiz ist in diesem Moment zum Auftakt der Sommerspiele sensationell die Nummer 1 im Medaillenspiegel.» Richard Stoffel, Triathlon-Spezialist (2000 in Sydney live dabei)
«Obwohl Lambiel im Januar als Vierter eine EM-Medaille nur knapp verpasst hatte, lehnten meine Chefs eine Reportage an die WM nach Moskau ab. Mein Frust war gross, denn ich war überzeugt, dass es diesmal mit einem Podestplatz für Lambiel klappen würde. Also nahm ich Ferien und reiste auf eigene Kosten nach Russland. Ich wohnte in einem sehr billigen Hotel, draussen war es bitterkalt. Doch die Leistungen Lambiels erwärmten mich, als der WM-Titel feststand, war ich den Tränen nahe. Das mit dem Walliser geführte Interview wurde fast von allen Kunden abgedruckt. Nach der Rückkehr sprach mir der Chef einen grossen Dank aus und ich erhielt die Spesen doch erstattet. Die Reise hatte sich definitiv gelohnt.» Sascha Fey, Eiskunstlauf-Spezialist (2005 in Moskau live dabei)
«Es war für mich ehrlich gesagt sehr schwierig, mich mit dem Projekt Alinghi zu identifizieren. Einerseits interessierte das Segeln in meinen Augen zu wenig, die mechanischen Aspekte erschienen mir viel wichtiger als die menschlichen. Andererseits schien die Crew ein zusammengestelltes ‘Dream Team’ ohne echte Seele zu sein. Aber Alinghi strafte mich Lügen. Nicht nur, weil im ganzen Land eine immense Begeisterung und Euphorie herrschte, sondern vor allem, weil das Team bewies, dass man auch als Schweizer seine hohen Ambitionen offen zeigen darf. Alinghi zeigte das Erfolgsrezept auf, noch bevor Roger Federer dieses überhaupt für sich beanspruchen konnte.» Gilles Mauron, Leiter frz. Sportredaktion
«Stan Wawrinka hatte, um seinen immensen Frust loszulassen, allen Grund der Welt, sein Racket zu zerbrechen. Dieses erste Schweizer ‘Derby’ in Melbourne – das zweite war 2017 der ebenfalls unvergessliche Halbfinal über fünf Sätze – war ein verfälschtes Spiel, das in mir eine etwas befremdliche Erinnerung hinterliess. Nachdem er seine beiden Spiele zuvor bereits am Abend bestritten hatte, erhielt Wawrinka von den Organisatoren die Zusicherung, auch den Viertelfinal um 19.30 Uhr beginnen zu können. Zu seinem Erstaunen wurde die Partie in der Hitze des Nachmittags angesetzt, was Federers Angriffstennis begünstigte. Verletzt durch diesen Entscheid und verblüfft über die Stärke des Gegners war Wawrinka ein Schatten seiner selbst.» Laurent Ducret, Tennis-Spezialist (2011 in Melbourne live dabei)
«Ich sass während den von vielen sozialistisch regierten Ländern boykottierten Spielen Abend für Abend vor dem Fernseher. Mich kleiner Knirps faszinierte vor allem die Leichtathletik: mein Idol Edwin Moses, die elegante Valerie Brisco-Hooks oder der Zehnkämpfer Daley Thompson. Auch die erste Marathonsiegerin Joan Benoit blieb mir in Erinnerung - und das Bild der kollabierenden Gaby Andersen-Schiess. Die ehemalige Schulkameradin meiner Mutter, im gleichen Dorf wie ich aufgewachsen, kämpfte sich Meter für Meter torkelnd Richtung Ziel, ohne dass die Wettkampfrichter eingriffen. Der Skandal des Dramas wurde mir erst Jahre später bewusst – und auch, dass der Sport gelegentlich von der Politik instrumentalisiert wird.» Christian Finkbeiner, Leichtathletik-Spezialist
«Ich war ein Drittklässler, als dieses Bild entstand. Erinnerungen weckt diese Aufnahme trotzdem, traurige Erinnerungen. Jo "Seppi" Siffert nahm ich in meinem jugendlichen Alter erst durch seinen tragischen Unfalltod am 24. Oktober 1971 in Brands Hatch wahr. Dass der Freiburger neben Clay Regazzoni der beste und bekannteste Schweizer Autorennfahrer war, wurde mir erst in den Tagen nach dem schrecklichen Ereignis in England bewusst.» David Bernold, Ressortleiter Automobil
«Schon damals verfolgte ich jedes Spiel der Schweizer Nationalmannschaft, noch nicht als Agenturjournalist im Stadion, sondern als Fan vor dem TV. In diesem Fall auf dem Sofa im Wohnzimmer meiner Grossmutter. Ich war stolz auf diese Aktion von Alain Suter & Co. Nicht nur wegen der politischen Botschaft, sondern weil ich fand: Endlich sind auch wir Schweizer nicht nur brav und angepasst, sondern auch frech, mutig und meinungsstark! Wenige Minuten danach war ich dann aber schon wieder der Fan und nicht mehr der Gesellschaftskritiker, denn wichtig war mir das Spiel. Und mit dem 0:0 in Schweden machte die Schweiz einen grossen Schritt an die EM-Endrunde 1996.» Stefan Wyss, Leiter dt. Sportredaktion/Fussballchef
«Ich mag Macher, Kreative und Unerschrockene. Solche, die eine Einschränkung dafür nutzen, um vorwärts zu kommen, die einen Weg finden, um das Hindernis zu umgehen, das sich vor ihnen aufbaut. Während der Corona-Krise tauchen solche Talente auf, wie der Eishockey-Trainer Doug Boulanger, der in wenigen Tagen ein Distanz-Trainingssystem auf die Beine gestellt hat. Dank dieses modernen Tools hielt er eine soziale Bildung zu seinen Schülern aufrecht – in einer Zeit, in der ‘Social Distancing’ der am meistverwendete Begriff ist. Er überzeugte National-League-Spieler wie Simon Le Coultre von Servette, ihm zu helfen. Eine Möglichkeit, die Augen junger Menschen zum Leuchten zu bringen.» Jean-Frédéric Debétaz, Eishockey-Spezialist
«Ich war fast 9. Wir hatten nur den Schweizer und den Deutschen Sender. Meine ersten Sporterinnerungen: Wie Deutschland Fussball-Weltmeister gegen Holland wurde, und wie ‘Fritzli’ Chervet in Zürich diesen Thai verprügelte - und am Schluss doch nicht gewann. An diesem Samstag durfte ich erstmals lange aufbleiben. Vom Kampf weiss ich noch, dass ich das Gefühl hatte, dass es bei uns auf dem Pausenplatz manchmal ruppiger zu und her ging. Das Aufbleiben lohnte sich wegen dem, was folgte. Wie die Zuschauer, die wohl nicht nur betrunken aussahen, vor laufenden Kameras Bierflaschen und Sitzkissen warfen.» Rolf Bichsel, Redaktor
«Zuerst war ich überrascht, dass Matthias Glarner als 30-Jähriger gegen Ende des kräfteraubenden Schlussgangs den Jungspund Armon Orlik auf den Rücken wuchten konnte. Ebenso überrascht war ich von Glarners Reaktion im Platz-Interview wenige Minuten nach dem Triumph. Der Berner Oberländer sprach weniger über seinen eigenen Erfolg als darüber, wie Orlik ihn beeindruckt habe. "Es ist wahnsinnig, wie der schwingt", sagte er. Und diesem jungen Burschen werde die Zukunft gehören. Für seine Worte hörte Glarner starken Applaus aus der ganzen Arena, nicht nur aus dem grossen Berner Sektor.» Peter Lerch, Schwing-Spezialist (2016 in Estavayer live dabei)
«Russi vor Collombin – das war der Höhepunkt des Siegeszugs des Schweizer Skisports: ein höchst emotionales Erlebnis an meinen ersten von insgesamt 25 Olympischen Spielen, von denen ich berichten durfte. „Ogis Leute siegen heute“ hatte sich auch im Bewusstsein der Schweizer Journalisten vor Ort festgesetzt. Wir flogen damals im Charter direkt von Zürich nach Sapporo, auf dem ersten Swissair-Flug über Sibirien. Russi, Collombin und ich sind heute zufriedene ältere Männer. Der Mann jedoch, der Bernhard Russi auf den Schultern trägt, er hiess René Plancherel, starb wenig später beim Tiefseetauchen im Mittelmeer. Als Servicemann der damaligen Top-Skibindung Look Nevada gehörte er 1972 zur Schweizer Mission.» Peter A. Frei, ehem. Direktor und Chefredaktor Sportinformation Si (1972 in Sapporo live dabei)
«Mit dem Triumph auf der Grossschanze und seiner zweiten Goldmedaille an den Spielen in Salt Lake mutiert Simon Ammann endgültig vom Nobody zum Superstar des olympischen Sports. Im silbernen Mantel der Schweizer Delegation lässt der Bauernsohn aus dem Toggenburg bei der Medaillenzeremonie seinen Emotionen freien Lauf und sieht aus wie "Harry Potter der Lüfte". National bleiben primär die Ausdrücke "voll geil" und "Flieg, Simi flieg!" in Erinnerung.» Hans Leuenberger, Ressortleiter Ski nordisch
«Vermutlich werde ich die Bilder, wie sich die beiden als Medaillengewinnerinnen in den Armen lagen, und die Geschichten dahinter in 30 Jahren noch im Kopf haben. Vor allem die bizarre Atmosphäre in dem Retorten-Skigebiet, das in einen abgelegenen Schutzwald gestanzt wurde, hat sich in mein Gedächtnis gebrannt. Der Shuttle führte uns jeweils rund eine Stunde lang durch südkoreanisches Niemandsland zum Fuss des Zielgeländes. Zuschauer verloren sich nur spärlich nach Jeongseon. Und Michelle Gisin brummte der Schädel wegen eines Sturzes in der Abfahrt am Vortag. ‘Manchmal tut ein Schlag auf den Kopf gut’, säuselte sie im Freudentaumel mit Holdener.» Jonas Schneeberger, Ski-Spezialist (2018 in Pyeongchang live dabei)
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