«Krankheit X» gibt zu reden
«Krankheit X» gibt zu reden
Nicht nur seit der Covid-Pandemie, sondern bereits vorher bemühte man sich auf internationaler, aber auch teilweise auf nationaler Ebene, um eine verbesserte Pandemie-Prävention. So führt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits vor Ausbruch von Sars-CoV-2 eine Liste mit Krankheiten, welche das Potenzial haben, ein öffentliches Gesundheitsrisiko von internationaler Tragweite auszulösen und gegen die wirksame Medikamente oder Impfstoffe fehlen.
Auf Facebook wird behauptet, die WHO habe diese Liste im August 2023 um eine «Krankheit X» erweitert. Ein nicht-existierendes Virus werde nun von britischen Wissenschaftlern erforscht, so die Behauptung weiter. Auch eine Impfung gegen «Krankheit X» würde bereits getestet. Was hat es mit der «Krankheit X» auf sich?
Schon seit 2018 steht «Krankheit X» als Platzhalter für eine noch nicht bekannte Krankheit auf der Liste der WHO. Die Liste erschien zuerst 2017 und soll die gezielte Forschung zu potenziell gefährlichen Krankheitserregern vorantreiben. Gegenmassnahmen und Impfstofftechnologien sollen weiterentwickelt werden. An derartigen Vorbereitungen auf künftige Pandemien beteiligen sich auch die britischen Behörden. Dabei wird nicht an einem konkreten Impfstoff, sondern an Methoden zur Prüfung der Impfstoffwirksamkeit, Impfstofftechnologien sowie an der Verbesserung von bestehenden Impfstoffen geforscht.
Im Jahr 2017 definierte die WHO erstmals eine Liste mit Krankheiten, welche das Potenzial haben, einen Notfall von internationaler Tragweite auszulösen. Diese Liste wurde im Jahr 2018 um die «Krankheit X» ergänzt. Gemeint ist damit ein noch nicht bekannter Krankheitserreger, von dem man nicht weiss, ob er beim Menschen Krankheiten und eine gravierende internationale Ansteckungswelle auslösen kann.
Auch in der medizinischen Fachzeitschrift «MMW - Fortschritte der Medizin» heisst es in einem Artikel von 2019, dass «Krankheit X» seit 2018 auf der Liste der WHO aufgeführt und damit ein unbekannter Krankheitserreger gemeint sei, welcher eine Pandemie auslösen könne. Risiken würden dabei zum einen von Erregern ausgehen, welche von Tieren auf den Menschen überspringen, zum anderen von bereits bekannten Erregern, die sich weiterentwickeln.
Die Expertengruppe der WHO fordert, die Diagnostik zu verbessern, auch für weitere Krankheiten, die das Potenzial haben, einen Gesundheitsnotstand auszulösen. Bestehende Medikamente und Impfstoffe sollen demnach verbessert werden. Es solle in Grundlagenforschung investiert werden, um unter anderem Übertragungswege zu erkennen. Konkret soll zu den Krankheitserregern in den Bereichen Tests, Behandlungen und Impfstoffe geforscht werden.
Die gezielte Forschung und Entwicklung von Gegenmassnahmen gegen Krankheitserreger sei für eine schnelle und wirksame Reaktion im Falle einer Epidemie oder Pandemie entscheidend, zitiert die WHO den Exekutivdirektor ihres Programms für gesundheitliche Notfälle Michael Ryan.
Pandemievorbereitung in Grossbritannien
Nicht nur auf internationaler Ebene wird eine bessere Prävention auf künftige Pandemien angestrebt. Bereits heute beteiligen sich einzelne Staaten daran, wie etwa Grossbritannien. Anfang August 2023 stellte die britische Health Security Agency (UKHSA) ihr Zentrum für die Entwicklung und Bewertung von Impfstoffen (VDEC) vor. Das Zentrum soll sich auf die Impfstoffentwicklung für Grossbritannien, aber auch für die internationale Gemeinschaft spezialisieren. Das Zentrum befasst sich eigenen Angaben zufolge insbesondere mit Impfstoffen gegen Krankheitserreger, für die es noch keine Impfstoffe gibt sowie mit Impfstoffen, die nicht zugelassen sind oder die verbessert werden müssen.
Das VDEC hat beispielsweise Tests zur Messung der Impfstoffwirksamkeit gegen bakterielle Infektionen entwickelt. Ob diese Tests für die Bekämpfung ähnlicher oder gar bedrohlicherer Krankheitserreger mit Pandemiepotenzial nützlich sind wird derzeit evaluiert. So beschreibt die Britische Gesundheitsbehörde ihre Vorbereitung zur Bekämpfung von «Krankheit X».
Auch in einem aktuellen Blogbeitrag der UKHSA und in einem Erklärtext des UK Vaccine Network, einem Zusammenschluss von Behörden, Wissenschaft und Pharmaindustrie, ist die Rede von Vorbereitungen in Anbetracht der «Krankheit X». Bevor entsprechende Impfstoffe zugänglich gemacht würden, seien umfangreiche Studien auch betreffend Sicherheit und Wirksamkeit notwendig, schreibt die britische Gesundheitsbehörde.
Medienmitteilung von 2019, Wikipedia-Eintrag von 2020
Aus einer Medienmitteilung aus dem Jahr 2019 geht hervor, dass sich die britische Gesundheitsbehörde schon länger für die Bekämpfung von «Krankheit X» engagiert ist und dazu mit internationalen Partnern zusammenarbeitet. Bereits 2019 schrieb die Behörde, dass das Pandemie-Risiko mit der gestiegenen Mobilität und dem Klimawandel gestiegen sowie die öffentliche Gesundheit gefährdet sei.
In der Online-Enzyklopädie Wikipedia wurde ein englischsprachiger Artikel über die «Krankheit X» im Jahr 2020 erstellt, wie aus dem Bearbeitungsverlauf hervorgeht.
Artikel in «MMW - Fortschritte der Medizin» (archiviert)
WHO: Liste mir priorisierten Krankheitserregern für Forschung und Entwicklung (archiviert)
WHO: Medienmitteilung über Aktualisierung der Liste, 21.11.2022 (archiviert)
WHO: Update der Liste, 6.-7.2.2018 (archiviert)
Britische Behörde: Medienmitteilung zur Forschung an potentiellen epidemischen Krankheitserregern, 7.8.2023 (archiviert)
Britische Behörde: Blogbeitrag zur Forschung an potentiellen epidemischen Krankheitserregern, 7.8.2023 (archiviert)
Britische Behörde: UK Vaccine Network (archiviert)
Britische Behörde: Medienmitteilung über Strategie für Infektionskrankheiten, 11.9.2019 (archiviert)
Wikipedia: Disease X (archiviert)
Wikipedia: Disease X-Beitrag aus dem Jahr 2020 (archiviert)
Wikipedia: Bearbeitungsverlauf des Beitrages über Disease X (archiviert)
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